Passives Front- und Backhauling
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Während Glasfasern hauptsächlich in Backhaul-Netzen eingesetzt werden, wird ein neuer Ansatz für den Aufbau von flexiblen Mobilnetzen vorangetrieben, bei dem Glasfasern auch für die Verbindung von der Basisstation bis zur Antenne genutzt wird. Diese Vorgehensweise wird als Fronthaul bezeichnet. Traditionell werden Basisstation (Baseband Unit, BBU) und Remote-Radio-Head (RRH) in einem gemeinsamen Schaltschrank in der Nähe der Antenne positioniert, und ein Koax-Kabel dient zur Verbindung des RRH und der oben auf der Funkzelle angebrachten Antenne. Mit dem Übergang auf fiberoptikbasierte Verbindungen wird der RRH nahe der Antenne an der Spitze der Zellenstelle platziert und unter Verwendung des Common Public Radio Interfaces (CPRI) oder des OBSAI-Protokolls (Open Base Station Architecture Initiative) mit der BBU verbunden. Mit Fiberoptik werden die Verluste von Koax und der übermässige Energieverbrauch durch das Aufheizen von Kupfer verhindert.
Zentrales Fronthaul-Netzwerk
Da so längere Distanzen möglich sind, kann ein Fronthaul-Netz mit einer zentral positionierten Basisstation entwickelt werden. Die Vermittlerzentrale wird dann mit der erforderlichen Anzahl an Baseband-Geräten für mehrere Basisstationen ausgestattet. Obwohl die Verbindung zwischen jedem RRH und BBU mit einer fix zugeordneten Faser bereitgestellt werden kann, wäre der Einsatz des WDM über eine einzige Faser die effizienteste Lösung.
Eine aktive Lösung in Fronthaul würde eine transparente Übertragung der Signalsynchronisiation erfordern. Darüberhinaus würden Platz- und Leistungsprobleme das Design eines auf aktiven System basierenden Netzwerks erschweren. Passives WDM bietet dagegen eine transparente Niedriglatenzlösung. Die Netzwerkarchitektur kann je nach Bedarf mit einer einzigen Faser oder Faserpaaren, CWDM oder DWDM, Punkt-zu-Punkt- oder Ringarchitekturen mit einer skalierbaren Kapazität bis zu 88 Wellenlängen optimiert werden. Durch Add-/Drop-Multiplexer wird zusätzliche Flexibilität hinsichtlich der Standorte erzielt.
Mehr Kapazität pro Faser
Coloured Transceiver werden direkt im RRH zur Bereitstellung des erforderlichen WDM-Wellenlängensignals eingesetzt. Anschliessend werden mehrere Dienste anhand einer WDM-Einheit in der gleichen Faser zusammengeführt, um die Kapazität pro Faser zu steigern und die Anzahl der eingesetzten Fasern zu verringern. Fronthauling auf WDM-Basis ist völlig passiv, erfordert keine Stromversorgung und generiert daher keine zusätzlichen Betriebskosten. Die Lösung ist äusserst kompakt und kann eine Distanz von bis zu 80 km unterstützen. Dank dieses Distanzvorteils können die BBUs kopositioniert werden, um eine zentrale BBU zu bilden. Dies erleichtert die Wartung an einem einzelnen Standort und bietet höhere Sicherheit (keine einbruchgefährdeten Schränke). In LTE-Netzen vereinfacht die Kopositionierung von BBUs zudem die X2 Schnittstelle und verbessert die Sicherheit über die BBU-RRH-Verbindung.
Wie bereits erwähnt, werden BBU und RRH (oder RRU, Remote Radio Unit) in einem Schaltschrank in der Nähe der Antenne positioniert. Die Verbindung zwischen der BBU und dem Kernnetz wird als mobiles Backhaul-Netz bezeichnet. In diesem Fall ist der Coloured Transceiver mit der BBU verbunden und CWDM oder DWDM kann zur passiven Verbindung des Signals mit den Vermittlerzentralen eingesetzt werden. DWDM kann bis zu 80 Kanäle (für C-Band) übertragen. Dies kann auf weitere 80 Kanäle erweitert werden, wenn das L-Band in Erwägung gezogen wird. Im Falle einer zentralen Basisstation ist kein Backhauling-Netz erforderlich, da Basisstation und Vermittlerzentrale nebeneinander positioniert werden.
Der passive Vorteil
Schätzungen zufolge wird die mobile Backhaul-Verbindung über die Glasfaser bis 2016 auf 42% wachsen. Daher ist es wichtig, sich für eine Technologie zu entscheiden, die eine gute Kapitalrendite verspricht. Die passive Backhaul- und Fronthaul-Technologie bietet folgende Vorteile:
- Betriebswirtschaftlicher Vorteil mit niedrigeren Investitionsaufwendungen (50 % vgl. mit aktiver Lösung) und niedrigeren Betriebskosten (Support/Wartung, Standortmiete und Energieeinsparung).
- Niedrigere Latenz verbessert die maximal zulässige Distanz.
- Erfordert weniger Ressourcen hinsichtlich Raum-, Energie-, Kühlerfordernissen mit zentral positionierten BBUs.
- Robust und widerstandsfähig für die Anwendung in Aussenanlagen.
- Vollständige Transparenz gegenüber Carrier-Dienstleistungen, d. h. unabhängig von Transport, Migration und einfache bis langfristige Änderungen.
- Mehrere Betreiber können gemeinsam die gleiche Faser nutzen und gleichzeitig unabhängig voneinander bleiben.